1873 Eröffnung einer Pferdeomnibuslinie (Fuhrunternehmen Carl Grove)
Dem Herzogtum Braunschweig war es 1838 mit der Inbetriebnahme der ersten deutschen Staatseisenbahn gelungen, den Fernverkehr zu modernisieren. Für den innerstädtischen Bereich bediente man sich jedoch vornehmlich noch der Pferdedroschken. In anderen Städten wie Dresden, Berlin und Hannover war man schon weiter; dort entwickelte sich Mitte des 19. Jahrhunderts ein Linienverkehr mit spurgeführten Pferdebahnen.
Im damals noch sehr kompakten Braunschweig war man zunächst kaum auf moderne Verkehrsmittel angewiesen. Lag die Einwohnerzahl 1838 noch bei 38.000, ließ das starke Wachstum der aufstrebenden Industriestadt sie Anfang der 1870er Jahre auf über 70.000 steigen, was auch eine Ausdehnung der Bebauung mit sich brachte. Wegen der jetzt größeren Entfernungen stieg die Nachfrage für den Personennahverkehr.
Carl Grove, der seit 1868 mit seinem Braunschweiger Kutschunternehmen erfolgreich arbeitete, erkannte diese Chance und sorgte für ein geeignetes Angebot. 1873 nahm er den Linienbetrieb mit Pferdeomnibussen auf. Die Verbindung vom damaligen Bahnhof zum Fallersleber Tor wurde vom ersten Tage an so gut angenommen, dass bereits kurze Zeit später der Betrieb der Linie Holstgarten - Maschtwete hinzukam, die alsbald bis zum Weißen Ross verlängert wurde.
Sechs Jahre später sorgte der technische Fortschritt für Veränderungen, diesmal jedoch zu Groves Ungunsten. In Braunschweig nahm 1879 eine Lochschienen-Pferdebahn ihren Betrieb auf ( ↑BZS 1879 ). Carl Grove wurde von der Obrigkeit angewiesen, seinen Linienbetrieb einzustellen und sich wieder ausschließlich dem Kutschbetrieb zu widmen. Sein Droschken- und •Kutschenverkehr behielt dennoch seinen guten Namen. "Großeinsatz" bedeuteten Hofbälle und andere gesellige Veranstaltungen der feinen Gesellschaft. Auf Wunsch der Kavaliere wurden Landauer, Kremser oder Kaleschen mit Maiglöckchen-. Rosen- oder Nelkenduft parfümiert. Ein besonderer Service war auch der Gefangenenwagen, im Volksmund bestens als "Blauer August" bekannt. 1885 gründete Grove eine Möbeltransportabteilung und eine Lagerei auf einem Gelände an der heutigen Schillstraße. 1902 wurde Carl Grove junior Geschäftsführer und verlegte den Betrieb in eine ehemalige Konservenfabrik an der Taubenstraße. Dieser Standort wurde 1944 bis auf das ehemalige Pförtnerhaus zerstört. In dritter Generation gelang es Carl Grove-Heike jedoch, den Betrieb wieder aufzubauen. Die Firma ist heute größer den je am Markt und unterhält Niederlassungen in mehreren Bundesländern. 2018, also 150 Jahre nach der Gründung, verließ in 5. Generation Christian Grove-Heike mit seiner Firma Braunschweig, verlegte den Hauptsitz nach Salzgitter und verkaufte das Gelände an der Taubenstraße. Die Gebäude riss man ab, um modernem Wohnungsbau Platz zu machen, leider auch das alte Pförtnerhaus.
Querverweis:
1879 Eröffnung der Braunschweiger Pferdebahn auf Lochschienen
Textquellen:
- „100 Jahre Carl Grove“, IHK braunschweigische Wirtschaft, Heft 8, S. 30, 1968
- www.grove-online.de , abgerufen 30.03.2020
Bildquelle:
Gutzeit, Arndt: Grove-Pförtnerhaus in der Taubenstraße, 2018
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