1873 Gründung der Eisenbahnsignalbauanstalt Max Jüdel & Co.
Der rasant ansteigende Eisenbahnverkehr verlangte nach einer stärkeren signaltechnischen Regelung, um die betrieblichen Abläufe zu beschleunigen undofficeArt object gleichzeitig die Sicherheit des Bahnverkehrs zu gewährleisten. Um diesen Anforderungen zu genügen, wurden immer mehr Stellwerke errichtet ( ↑BZS 1868 ).
Im Jahre 1870 wurde der Konstrukteur Heinrich Büssing (1843 - 1929) von der Herzoglich Braunschweigischen Staatseisenbahn beauftragt, zwei aus England stammende Stellwerke in Börßum und Jerxheim aufzustellen. Aus Büssings Sicht hatten die gelieferten Stellwerke aber nicht die für die Staatseisenbahn benötigte Qualität. Deswegen fasste er noch im selben Jahr den Entschluss, selbstständig nach eigenen Entwürfen Eisenbahnsicherungs-Anlagen zu bauen, und gründete in der Wolfenbütteler Straße dafür eine Maschinenbauanstalt. Aus Geldmangel musste Büssing die Firma 1871 an den Eisenbahntechniker Gustav Ungnade (Jahreszahlen unbekannt) verkaufen und sie firmierte alsbald unter Eisenbahnsignal-Bauanstalt und Velocipedes-Reparaturwerkstatt G. Ungnade. Büssing mietete die Firma zurück und war schon im ersten Jahr war so erfolgreich, dass die Belegschaft von zwei auf 30 Mitarbeiter aufgestockt werden konnte.
Für eine weitere Expansion fehlte aber Geld und Platz. Ein Zufall führte Büssing 1873 mit dem Unternehmer Max Jüdel (1845 - 1910) zusammen, der die erforderlichen Geldmittel bereitstellte. Ungnade wurde ausgezahlt und die Firma in die Eisenbahnsignal-Bauanstalt Max Jüdel & Co umbenannt. 1874 zog man auf ein 37 000 m² großes Grundstück in der Ackerstraße um. Dort wurden in den ersten zehn Jahren bereits 200 Stellwerke mit insgesamt 3000 Stellhebeln gefertigt und bis in die Schweiz, Österreich und Russland geliefert. Büssing konnte im Laufe der Jahre über 90 deutsche Patente in der Signaltechnik erwerben und industriell umsetzen, wie zum Beispiel das der „Büssing-Bremse“, einer Vorrichtung, die es erlaubte, bei Rangierarbeiten Bremsschuhe von fahrenden Wagons abzustreifen. Im Jahr 1897 wurde ein Gemeinschaftsvertrag zwischen der Siemens & Halske AG, der Max Jüdel & Co und der Maschinenfabrik Bruchsal AG geschlossen. Siemens beteiligte sich mit einem Drittel am Kapital. Ein Jahr später wurde das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Büssing zog sich 1903 mit seinem Kapital zurück und gründete eine Lastwagen-und Omnibusfabrik (↑BZS 1903)*. Im Jahr 1928 übernahm die Siemens & Halske AG die Aktienmehrheit und 1942 das ganze Werk. Das Siemens-Werk Braunschweig existiert noch heute und ist mit derzeit fast 3 000 Mitarbeitern einer der größeren Arbeitgeber der Stadt.
Querverweise:
1868 Erstes mechanisches Weichen- und Signalstellwerk mit gegenseitiger Verriegelung
1903 Gründung der Firma Heinrich Büssing, Specialfabrik für Motorlastwagen und Motoromnibusse
Textquellen:
- Eisenbahnsignal-Bauanstalt Max Jüdel & Co [Hrsg.]: Zur Geschichte der centralen Signal- und Weichenstellung. In: Technische Mittheilungen aus der Eisenbahnsignal-Bauanstalt von Max Jüdel & Co. in Braunschweig (1883), S. 1 – 4.
- Jarck, Horst-Rüdiger und Günter Scheel (Hrsg.): Braunschweigisches Biographisches Lexikon, Verlag Hahnsche Buchhandlung Hannover, 1996, S.110 und 306/307
- Siemens-Werk Braunschweig www.mobility.siemens.com, abgerufen 29.04.2020
- http://www.braunschweig.de/leben/stadtportraet/geschichte/buessing, abgerufen 27.06.2020
Bildquellen:
- Stellwerkbau bei der Eisenbahnsignal-Bauanstalt Max Jüdel & Co., Braunschweigisches Landesmuseum
- Gutzeit, Arndt: Herstellerschild von Büssing an einem Gleis auf dem ehemaligen MIAG-Gelände (2018)
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