1887 Wiederaufbau der Burg Dankwarderode
Die von Heinrich dem Löwen (1129 - 1195) errichtete Burg Dankwarderode war nach früheren Zerstörungen und Wiederaufbauten zuletzt 1873 durch ein Feuer stark beschädigt worden. Die Stadt erwarb die Ruine, um nach deren Abriss eine verbesserte Straßenführung erreichen zu können. Hierbei sollten die Münzstraße nach Norden und die Dankwardstraße über den Burgplatz hinaus nach Westen verlängert werden.
Der geplante Abriss führte jedoch zu heftigen Protesten geschichtsinteressierter Bürger, weil nach dem Abtrag des Bauschutts sichtbar wurde, dass es noch einzelne guterhaltene Gebäudeteile aus dem 12. Jahrhundert gab. Da nun eine Beseitigung der Ruine nicht mehr in Frage kam, erstellte der Braunschweiger Architekt und Stadtbaurat Ludwig Winter (1843 - 1930) im Jahre 1882 ein Gutachten, in dem er für den Wiederaufbau der Burg plädierte. Die Kosten hierfür waren aber so enorm, dass sie trotz vorgesehener Nutzung als Archiv- oder Bibliotheksgebäude nicht zu rechtfertigen waren.
Erst mit der Übernahme der Regentschaft von Prinz Albrecht von Preußen im Jahre 1885 wurde die Rekonstruktion der Burg Dankwarderode sichergestellt. Der Prinz beschloss 1886, den Bau selbst zu finanzieren, unter der Bedingung, dass die Stadt ihre Eigentumsrechte an den Resten der Burg wieder an das Herzogtum abträte. Nach der Rückübertragung beauftragte er Winter mit der Neugestaltung des Gebäudes. Gemeinsam mit dem Lehrstuhlinhaber für antike Baukunst an der Technischen Hochschule Constantin Uhde (1836 - 1905) erarbeitete er einen Rekonstruktionsplan.
Unter dem Einfluss von Prinz Albrecht entfernten sich Winters Planungen immer mehr von der wissenschaftliche fundierten Rekonstruktion hin zu einer frei entworfenen historischen Inszenierung. Die Westfassade wurde nach dem Vorbild der Goslarer Kaiserpfalz und die Ostseite als malerische Ruine gestaltet. Der prächtige Rittersaal wurde nach Vorbildern wie den Sälen in der Wartburg und im Schloss Neuschwanstein gestaltet und vom Hofdekorationsmaler Adolf Quensen (1851 - 1911) ausgemalt. Die Rekonstruktion der Burg wurde im Jahre 1906 vollendet.
Ursprünglich war das Auffinden von Originalteilen aus dem Mittelalter Anlass für die Erhaltung des Bauwerkes gewesen. Dieses wurden jedoch vor Errichtung des Neubaus komplett abgerissen. Das entstandene Bauwerk entsprach somit ausschließlich der Fantasie des Prinzregenten und seines Baumeisters.
Textquellen: Arens, Fritz: Die Königspfalz Goslar und die Burg Dankwarderode in Braunschweig. In: Stadt im Wandel, Ausstellungskatalog Bd 3, BS Landesmuseum 1985, ISBN 978-3-922608-37-X
Arnhold, Elmar: Burg Dankwarderode. In: Mittelalterliche Metropole Braunschweig. Appelhans Verlag, Braunschweig 2018, ISBN 978-3-944939-36-0
Matuschek, Oliver: Die Burg Dankwarderode, Kleine Kunstführer Schnell & Steiner, Regensburg 2006, ISBN 978-3-795466-08-4
Bildquelle: Gutzeit, Arndt: Foto der Westfront der Burg Dankwarderode 2020
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