1890 Inbetriebnahme der Landeseisenbahn Braunschweig - Derneburg - Seesen
1884 entschloss man sich in Braunschweig zur Gründung einer neuen Privatbahn unter dem Namen Braunschweigische Landes-Eisenbahn (BLE). Ziele waren die Erschließung des Salzgittergebietes und die Schaffung einer neuen Eisenbahnstrecke in den Süden Deutschlands. Gleichzeitig konnte man vorhandenen und ansiedlungswilligen Industrieunternehmen in Braunschweig einen Gleisanschluss anbieten. Weiter lesen...
Die Überführung der ersten deutschen Staatseisenbahn in die Braunschweigische Eisenbahngesellschaft (BEG) war für das Herzogtum Braunschweig ein einschneidendes Ereignis ( ↑ BZS 1869 ). Schon bald stellten die Braunschweiger fest, dass sie Souveränität über die eigene Streckenplanung verloren hatten. Abgeordnete der Braunschweigischen Landschaft (Parlament) drängten zunächst erfolglos zum Bau von privaten Nebenbahnen. Da die BEG das Eisenbahn-Vorkonzessionsrecht für das Herzogtum besaß, war dieser Schritt blockiert.
Nach Eingliederung der BEG in die Preußische Staatseisenbahn ( ↑ BZS 1885 ) lösten private Investoren dieses Recht ab und gründeten die Braunschweigische Landeseisenbahn (BLE) (↑ BZS 1884). Damit war man wieder eigener Herr über Streckenplanung und musste höchstens verhandeln, wenn eine Strecke die Grenze zu Preußen (Hannover) überschritt, was fast ständig vorkam, war doch das Herzogtum territorial aufgesplittert.
So auch 1890 bei der Strecke Braunschweig - Derneburg - Seesen, die schon lange auf der Wunschliste der Braunschweiger stand. Sie wurde zwischen 1886 und 1890 in sechs Etappen realisiert. Damit wollte man mehrere Ziele erreichen. Erstens ging es um die Erschließung des Salzgittergebiets, wo auf einem fetten Lössboden ertragreich Zuckerrüben angebaut wurden, die bereits in mehreren Zuckerfabriken im Braunschweiger Raum verarbeitet wurden. Zweitens schuf man einen Bahnanschluss für die dortige Industrie, wie z.B. das Kaliwerk Thiederhall, den Kalksteinbruch Salder und einige Ziegeleien. Drittens konnte man über Seesen auch Kreiensen erreichen, wo man neben der Strecke nach Hildesheim ( ↑ BZS 1889 ) einen weiteren Anschluss an die Nord-Süd-Verbindung von Hannover nach Frankfurt bekam.
Der Bau der Ringbahn nördlich und westlich von Braunschweig mit seinem Nordbahnhof machte einen Teil der Nachteile des Hauptbahnhofes (Kopfbahnhof in Südlage zur Stadt) wett und bot zugleich die Möglichkeit, vorhandenen oder ansiedlungswilligen Industrieunternehmen einen Gleisanschluss zu bieten. Dies war ein erheblicher Standortvorteil, weil zu damaligen Zeit der Güterverkehr fast zu 100 % über die Schiene abgewickelt wurde. Auf diese Weise hat die BLE maßgeblich zur Industrialisierung und zum wirtschaftlichen Aufstieg Braunschweigs beigetragen. Ablesen kann man das u.a. an der Einwohnerzahl, die sich in den 50 Jahren zwischen 1888 (96 t) und 1938 (183 t) fast verdoppelte.
Querverweise zur Braunschweiger Zeitschiene:
1869 Überführung der Braunschweigischen Staatseisenbahn in die Braunschweigische Eisenbahngesellschaft
1884 Gründung der Braunschweigischen Landes-Eisenbahn-Gesellschaft (BLE)
1885 Einrichtung der Königlich Preußischen Eisenbahnverwaltung
1889 Inbetriebnahme der Eisenbahnlinie Braunschweig - Hildesheim
Textquelle:
Wulfgramm, Christopher: Die Braunschweigische Landes-Eisenbahn, EK-Verlag, Freiburg 2017, ISBN 978-3-8446-6409-6
Bildquelle:
Grüner, Axel: Nordbahnhof 2019
Nordbahnhof 2019
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