1896  Gründung der Braunschweiger Fahrradwerke

Schon in den Jahren 1869 und 1870 gab es durch Heinrich Büssing (1843 - 1929) in Braunschweig eine Velocipedfabrikation ( ↑ BZS 1873 ). Nach dieser kurzen Episode dauerte es über 25 Jahre bis die Fahrradfabrikation hier dauerhaft Fuß fasste. 1896 starteten gleich zwei Unternehmen in die Fahrradproduktion: die "Panther-Fahrradwerke" in Magdeburg und die „Braunschweiger Fahrradwerke AG“ (B.F.W.A.G.), in der Ludwigstraße 23-25 Ecke Mittelweg. Weiter lesen...

Den Ausschlag für diesen Standort gab der Gleisanschluss an der Ringbahn. Die Räder führten den Markennamen „Brunsviga“. Unter dem zunehmendem Konkurrenzdruck durch zahlreiche andere Fahrradfabriken in Deutschland fusionierten 1907 die B.F.W.A.G. und die Panther-Fahrradwerke. Sie entschieden sich für den Standort Braunschweig und den Markennamen „Panther“. Drei Jahre später wurde noch die Fahrradabteilung der Firma "Hoppe & Homann" in Minden aufgekauft. Die Fahrräder mit dem springenden Panther überzeugten durch Qualität. Radprofis wie Willy Arend (1876-1964) und Thaddäus Robl (1877-1910) holten auf Pantherrädern ihre Weltmeistertitel.

In den 1920er Jahren erweiterte man die Produktpalette mit Puppen- und Kinderwagen, zehn Jahre später folgten Motorräder mit kleinem Hubraum. Ab 1953 wurden größere Maschinen mit 150 und 175 cm³ auf den Markt gebracht. Mit "Pfiff", dem ersten zerlegbaren Fahrrad, gelang 1957 eine Weltneuheit. Im Panther-Industrieforum-Container am Nordbahnhof ist seit 2021 ein solches Pfiff-Fahrrad ausgestellt.

Leider kam es trotz aller Innovationen Ende der 1950er Jahre zum wirtschaftlichen Niedergang. Fahrradfahren schien nicht mehr zeitgemäß. In Zeiten des Wirtschaftswunders gewann das Auto immer mehr an Attraktivität. Auch die neu eingeführte Führerscheinpflicht für Motorräder verschärfte die wirtschaftliche Situation. 1962 wechselte die Aktienmehrheit an die Schminke-Werke in Bad Wildungen, ab 1971 Löhne/Westfalen. Der Standort Braunschweig wurde 1963 geschlossen. Zwar mussten die Schminke-Werke 2014 Konkurs für den Standort Löhne anmelden, jedoch lässt die dort ansässige Panther international GmbH noch E-Bikes mit dem Namen Panther in Tschechien und Rumänien produzieren.

Im Jahre 1988 wurden durch die „Müsing Fahrradbau GmbH“ ein neues Kapitel im Braunschweiger Fahrradbau aufgeschlagen. Die Firma kam mit hochwertigen Rennrädern auf den Markt und erreichte in den ersten drei Jahren steigende Verkaufszahlen. Als man die Modellpalette auf Mountainbikes erweiterten wollte, die in einem Zweigwerk in Zerbst produziert werden sollten, erwiesen sich diese Ausbaupläne als zu ehrgeizig. Müsing musste 1992 Konkurs anmelden und wurde von der „Derby Cycle GmbH“ in Cloppenburg aufgekauft. Nach über 100 Jahren endete damit die Ära „Fahrradbau in Braunschweig“.

Querverweise zur Braunschweiger Zeitschiene:
1873 Gründung der Eisenbahnsignal-Bauanstalt Max Jüdel & Co

Textquellen:
Uckermann, Rainer und Wolf Mönnich: Die Braunschweiger Fahrradwerke AG in: Braunschweiger Kalender 2010, J. H. Meyer Verlag, Braunschweig, S. 78-81
Anderlik, Heidemarie (Hrsg.): Panther und Löwe, Ausstellungskatalog des Städtischen Museum Braunschweig, Sandsteinverlag Dresden 2015, ISBN 978-3-95498-136-6

Bildquelle: Anzeige der Braunschweiger Fahrradwerke AG, Archiv Christopher Wulfgramm